Nô-Theater

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Das No-Theater ist auch heute noch sehr mit den alten Traditionen japanischer Theaterkunst verwurzelt, da die Themen und Stücke noch immer dieselben sind wie schon vor mehreren Hundert Jahren. Aber gerade das macht den Reiz am No aus; wieso sollte es sonst bis heute in der Gunst des Kaisers stehen?

Inhalt

No kann zwei Bedeutungen haben: Zum einen steht das Schriftzeichen für "Können", zum anderen für "Begabung". Diese Theaterform stellt neben Bunraku und Kabuki die dritte wichtige Japans dar. Wie auch das Kabuki zählt sie zum UNESCO Intangible Cultural Heritage.
Aber woher kommt diese Theaterform und was macht sie genau aus?
Das No-Theater hat seine Anfänge bereits im 14. Jahrhundert, da zu dieser Zeit die wichtigsten Grundsteine für diese Form des Theaters gelegt wurden. Der wichtigste Wegbereiter hierfür war Zeami, welcher die Regeln für eine No-Performance aufstellte und damit die Aufmerksamkeit der japanischen Regierung auf sich zog. Seitdem stand das No-Theater immer in der Gunst der herrschenden Schicht. Deswegen war das No bis zur Meiji-Restauration (1868) auch nur adeligem Publikum vorbehalten und das einfache Volk konnte nicht an den Aufführungen teilhaben. Nach der Meiji-Restauration fiel das Protektorat des Kaisers und die ersten öffentlichen No-Bühnen wurden gebaut. Seitdem ist das No-Theater ein wichtiger Teil der gesamten japanischen Gesellschaft.
Das No wird oft als die japanische Art der Oper bezeichnet, da es sich um Stücke mit Gesang und Tanz handelt. Wer sich allerdings ein No-Stück ansieht und den Gesängen lauscht, wird schnell feststellen, dass No wirklich nichts mit dem zu tun hat, was man im Allgemeinen unter einer "Oper" versteht. Die Gesänge sind sehr monoton mit fast schon kultischer Wirkung. Dennoch ist die Sprache sehr poetisch und es gibt ständige Wechsel zwischen gesungenen und gesprochenen Teilen. Hinzu kommt, dass eine No-Aufführung meist einen ganzen Tag dauert und mehrmals von kleinen, komischen Zwischenstücken (genannt Kyogen) unterbrochen wird. Diese Zwischenstücke haben mit der eigentlichen Aufführung nichts zu tun; sie sollen lediglich das Publikum in den Pausen unterhalten.
Wichtig für das No-Theater ist die Tatsache, dass hierbei Tradition vor Innovation steht. Auch heute noch werden die No-Stücke von früher aufgeführt. Bühnenbild, Kostüme und Art der Darstellung haben sich nicht verändert. Bei allem wird viel Wert auf die Einhaltung verschiedener ästhetischer Prinzipien gelegt, welche Zeami zu Beginn des No-Theaters festlegte.

Wer No-Schauspieler werden will (No wird nur von männlichen Schauspielern aufgeführt), muss eine langjährige Ausbildung auf sich nehmen. Hierfür gibt es fünf berühmte No-Schulen, die die Kunst des No von Generation zu Generation weitergeben.
In einem No-Stück gibt es eine festgelegte Anzahl an Schauspielern. Zwei dieser Rollen sind besonders wichtig: Der Shite ist der Hauptcharakter des Stücks. Er taucht zuerst als menschliches Wesen auf, aber im Verlauf des Spiels stellt sich heraus, dass er eigentlich eine überirdische Erscheinung ist. Hierbei kann es sich um die Inkarnation eines Gottes, Dämons oder eines Geistes handeln. Dem Shite gegenübergestellt ist der Waki. Diese Rolle nimmt meist den Gegenpart zum Shite ein, allerdings ist der Waki immer die Repräsentation eines lebenden Wesens. Zu diesen Figuren kommen noch ein Chor und ein Orchester dazu.
Interessant an dieser Stelle zu erwähnen, ist die Tatsache, dass sich der Tradition nach Musikanten und Schauspieler vor der Aufführung eines Stückes nur ein Mal zum gemeinsamen Proben treffen. Der Rest der Zeit übt jeder für sich, um seinen eigenen Teil perfekt vorführen zu können.
Die Kostüme der No-Schauspieler sind durchweg prachtvoll und ebenfalls sehr traditionsbewusst, da früher die Kleidung der Schauspieler teilweise aus dem Kleiderschrank des Shoguns gestiftet wurde. Zudem wird bei den Kostümen viel mit Symbolik gearbeitet, um den Charakter der Rolle zu unterstreichen. Ebenfalls wichtig für eine No-Performance sind die Masken. Besonders die des Shite ist wichtig, um dem Publikum zu zeigen, um was für eine Art von Charakter es sich handelt. Zudem gibt es Masken, die in der Lage sind verschiedene Gefühlszustände anzeigen zu können. Alle No-Masken werden auch heute noch aus Zypressenholz hergestellt.
Zu den Masken und den Kostümen kommen noch bestimmte Requisiten hinzu. Besonders wichtig sind hier Fächer, die so gut wie jeder Charakter in einem No-Stück mit sich führt. Wie weit ein Fächer geöffnet ist oder wie er gehalten wird, hat hierbei eine besondere Bedeutung.
Eine No-Bühne hat einen speziellen Aufbau, die Hauptbühne ist sechs mal sechs Meter groß und aus Holz. Die Bühne an sich ist wenig spektakulär, da eine an der hinteren Wand gemalte Kiefer den einzigen Schmuck bildet. Dieser Aufbau wurde von frühen Shinto-Schreinen übernommen.



Heute gibt es etwa 1500 professionelle No-Shauspieler in Japan, welche die rund 250 bekannten No-Stücke aufführen. Die beliebtesten Thematiken dieser Stücke wurden aus den wichtigen geschichtlichen Werken Japans übernommen. Beispielsweise aus dem "Heike monogatari" oder dem "Genji monogatari", welche besonders als Grundlage für Stücke gelten, die einen kriegerischen Inhalt besitzen.

Das No-Theater zeigt deutlich, wie sehr das Traditionsbewusstsein in Japan verankert ist und wie viel Wert darauf gelegt wird. Sieht man sich eine No-Aufführung an, dann kann man sich schnell in alte Zeiten zurückversetzt fühlen, da sich nicht viel seitdem verändert hat. Überall in Japan lassen sich öffentliche No-Bühnen finden, an denen man den Stücken beiwohnen kann. Zeit muss man für ein No-Stück natürlich mitbringen, aber wenn man sich für Kultur und Theater interessiert, dann ist diese Zeit sicherlich nicht vertan.

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