Schnupper-Stunde: Roppongi Ripper - Teil 4

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Bildcopyright: CONBOOK Verlag

Und weiter geht es mit der letzten Runde "Roppongi Ripper"-Leseprobe von Andreas Neuenkirchen. Nach Teil 1, 2 und 3 folgt nun logischerweise Teil 4 und gibt neue Rätsel über den Täter auf.

Inhalt

Ein kleines, schwarzes Fundstück

»Wie hat er das Schwert herein- und wieder hinausbekommen?«
Diese Frage stellte Nakashima offen in den Raum. An Maeda gewandt fragte er: »Oder wurde das Schwert gefunden?«
»Nein. Allerdings kann uns der Türgriff weiterhelfen. Und der Schmutz auf dem Boden, in den Quadranten 1, 3 und 5.«
Nakashima schaute sich den Türgriff an.
Maeda reichte ihm ein kleines, schlichtes Vergrößerungsglas. »Nehmen Sie das.«
Er nahm es und sah hindurch. Ein Fremdkörper. Nicht winzig. Das Vergrößerungsglas war nicht notwendig, um ihn ausfindig zu machen. Doch es betonte seine Fremdartigkeit, schien ihm Bedeutung zu verleihen. Es sah aus wie ein kleines, zerfranstes Stück schwarzer Stoff. »Da ist etwas. Da steckt etwas fest, zwischen Klinke und Tür.«
»Genau. Lassen Sie mich.« Mit einer Pinzette entfernte Maeda vorsichtig den kleinen Fetzen, legte ihn auf seine weiß behandschuhte Handfläche. »Was halten Sie davon?«
»Sieht aus wie ein Stofffetzen. Vielleicht von einem Kleid.«
»Möglich. Ich würde aber eher schätzen, dass es sich um Kunststoff handelt.«
»Könnte trotzdem von einem Kleid sein. Sie glauben gar nicht, was die Mädels hier für Kleider tragen.«
»Aber Sie wissen das?«
Nakashima seufzte, er war es leid, sich dafür zu rechtfertigen, dass er das eine oder andere vom Leben wusste. »Ja, ich weiß das. Ich bin schon mal ausgegangen.«
»Das ist sehr gut.« Maeda ließ sich nicht anmerken, ob er von Nakashimas sarkastischer Erwiderung beleidigt oder belustigt war – oder ob er den Unterton überhaupt wahrgenommen hatte. Er steckte das kleine schwarze Fundstück in ein etwas größeres transparentes Plastikgefäß, auf dessen Papieretikett er einen kryptischen Code schrieb. Vielleicht war auch nur seine Handschrift kryptisch. »Vielleicht bedeutet es nichts. Doch könnte ich mir vorstellen, dass dieses Teil Stoff oder Kunststoff von einem Gegenstand stammt, mit dem der Täter die Klinke fixiert hat, damit niemand ihn bei seiner Arbeit störe. Nun sehen Sie auf den Boden.«
Nakashima tat es. Die Leiche, die Blutlache, Blutflecken, verwischtes Blut und Schmutz. »Jede Menge Schuhabdrücke. Müssen nicht unbedingt die des Täters sein.«
»Nein. Aber die des Täters sind garantiert darunter.«
Nakashima sah genauer hin. »Ich weiß auch welche.« Er deutete auf einige große, besonders prominente Exemplare.
»Sehr gut!« Maeda, der enthusiastische Lehrer. »Und warum diese?«
Da fühlte Nakashima sich schon ein wenig gönnerhaft unterfordert. »Weil es die einzigen Herrenschuhe sind. Und es ist immerhin die Damentoilette. Die Abdrücke sind im Blut hinterlassen worden. Also war derjenige, der hier in den Schuhen rumgelaufen ist, nach dem Mord hier. Und nach dem Mord waren hier nicht viele, weil nach dem Alarm der Zeugin alles abgesperrt wurde. Danach waren erst wieder wir hier. Und von uns trägt keiner solche Schuhe.«
»Genau. Und was für Herrenschuhe sind das?«
»Sehen aus wie Sneakers.«
Maeda lächelte. »Sneakers werden es nicht sein, damit dürfte man in diesen Laden gar nicht reinkommen.«
»Möglich, dass er sie mitgebracht und irgendwo gewechselt hat. Lauschige Plätzchen gibt es hier genug. Er muss außerdem das Schwert irgendwo versteckt haben.«
»Da ist was dran. Aber halten wir uns nicht zu lange mit dem genauen Schuhmodell auf. In einer Hinsicht haben Sie auf jeden Fall recht: Es sind definitiv sportliche Schuhe, nicht unbedingt elegante. Was sagt uns das?«
»Dass er kein Salary Man ist. Zumindest keiner, der hier direkt nach der Arbeit vorbeischaut oder einen Geschäftstermin wahrnimmt.«
»Richtig.«
Jetzt schüttelte Nakashima den Kopf. »Wenn er allerdings die Schuhe hier gewechselt hat, könnte er vorher alle möglichen Arten von Schuhen und Kleidung getragen haben.«
Maeda seufzte kaum hörbar. »Auch wieder wahr.« Er machte sich wieder an die Arbeit, drehte den Kollegen den Rücken zu, widmete sich dem Blut an den Wänden. »Wenn er die Schuhe hier gewechselt hat, finden wir sie vielleicht noch vor Ort.«
»Ich werde mich darum kümmern.« Nakashima machte sich eine Notiz.
Maeda maß die Blutspritzer mit dem Zentimetermaß und notierte die Größen millimetergenau in elegant unleserlicher Handschrift.
»Ist etwas ungewöhnlich an den Blutflecken?«, fragte Nakashima.
»Das kann ich noch nicht sagen«, antwortete Maeda, während er weiterarbeitete. »Sieht mir aber nicht ungewöhnlich aus. Der Umfang der Spritzer kann uns Auskunft darüber geben, wo das oder die Opfer gestanden haben.«
»Die Opfer? Glauben Sie, es wurde noch jemand ermordet und die Leiche beseitigt?«
»Nein. Ich meine, wenn es einen Kampf gegeben hat, dann wissen wir nicht, ob das hier ausschließlich das Blut der Ermordeten ist.«
»Selbst wenn sie dem Täter ein paar mitgegeben haben sollte, würde ich ihn nicht als Opfer bezeichnen.«
Maeda wandte sich ihm zu. »Sie haben recht. Der Begriff ist unpassend. Unsensibel. Verzeihen Sie.« Er deutete eine Verbeugung an, knapp, aber aufrichtig. Dann arbeitete er weiter.
Nakashima zwang sich, der Toten, ihrem Kopf, ein letztes Mal ins Gesicht zu sehen. »Hat sie eigentlich einen Namen?«
»Wie bitte?«
»Einen Namen. Wissen wir, wie die Tote geheißen hat? Beziehungsweise wie sie immer noch heißt? Wer sie war?«
Kawase meldete sich: »Tomomi Nishino. Den Namen hat uns der Betreiber des Clubs mitgeteilt. Sie war Hostess hier. Nach allem Anschein nicht unbeliebt.«
Nakashima schluckte und wandte sich ab. Genau was er gedacht hatte, als er den ersten kurzen Blick in das tote Gesicht geworfen hatte. Tomomi. Sie war es.
Seine nächsten Schritte wollten wohlüberlegt sein.

Fazit!

Damit sind wir am Ende unserer Leseproben angelangt, doch keine Sorge, im Buch geht es natürlich direkt weiter. Und auch wir werden bald mit einer Buchrezension, und vielleicht sogar einer kleinen Überraschung für euch, erneut vom Roppongi Ripper berichten.

 


Hier gibt es noch ein paar Daten:

Roppongi Ripper - Japan Krimi

Autor: Andreas Neuenkirchen
ISBN: 978-3-943176-87-2
Verlag: CONBOOK Verlag

Das Buch beim CONBOOK Verlag
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