Jouji Nakata (中田 譲治)

Geschrieben von Bettina
Bildcopyright: Jouji Nakata / animePRO

Er hat hunderten von Charakteren seine Stimme geliehen und sie zum Leben erweckt. Ein Veteran der japanischen Synchronisation vor allem im Animebereich. Er stand uns auf der Connichi 2015 Rede und Antwort. Und das herzlich, aufgeschlossen und im Alucard Cosplay.

Inhalt

animePRO: Wie kam es, dass Sie als Moderator den Weg zum Synchronsprecher einschlugen? Wieso hauptsächlich in der Animebranche?
Nakata-sensei: Ich habe bei einem Theaterstück zusammen mit der Synchronsprecherin Michiko Nomura, die die Rolle Wakame-chan aus „Sazae-san“ spricht, gespielt. Sie fragte mich, ob ich mal eine Sprechrolle übernehmen möchte. Nomura-san und ihr Mann, Kenji Utsumi, der auch in „Doktor Slump“ mitspricht, haben damals eine eigene Synchronfirma gegründet. Sie wollten mich dort als Sprecher einstellen. Daraufhin habe ich die beiden immer zu ihrer Arbeit als Synchronsprecher begleitet, um mir das alles anzusehen. Utsumi-san hatte sehr viele Sprechrollen in Animes. So bin ich in diese Welt eingestiegen.

animePRO: Sie haben unglaublich viele Rollen gesprochen. Wie schaffen Sie das? Müssen Sie manchmal Rollen ablehnen?
Nakata-sensei: Glücklicherweise bin ich schon sehr lange im Geschäft. Daher habe ich optimale Bedingungen, werde gut bezahlt und kann von meiner Arbeit als Synchronsprecher leben. Dabei wird darauf geachtet, dass ich nicht zu viele Rollen übernehme. Meine Einsätze werden wie folgt berechnet: Wie viele Rollen ich in einer Woche besetzen kann. Dazu kommt die Zeit für die Vorbereitung auf die Rolle. Wenn das einmal zu viel ist, dann muss ich natürlich Rollen ablehnen.

animePRO: Gibt es Figuren, die Sie lieber synchronisieren als andere?
Nakata-sensei: Ich habe alle meine Charaktere sehr lieb, weil ich ihnen meine Stimme leihe. Natürlich gibt es Charaktere, die ich bevorzuge. Aus dem Grund, weil ich sie schon sehr lange spreche oder weil ich denke, dass sie zu mir passen. Zum Beispiel Alucard aus „Hellsing“.

animePRO: Haben Sie schon einmal eine Figur, die Sie synchronisiert haben, in einer anderen Synchronisation gehört – zum Beispiel auf Deutsch?
Nakata-sensei: Leider kommt das nicht so oft vor, da ich nicht die Gelegenheit habe, ausländische Synchronisationen zu hören. Manchmal schenken mir lokale Fans, wenn ich im Ausland bin, DVDs und Ähnliches mit der lokalen Synchronisation. Oder ich bekomme YouTube-Links zugesandt. Diese ausländischen Synchronisationen interessieren mich sehr.

animePRO: In Japan sind - im Gegensatz zu Deutschland - Synchronsprecher echte Stars. Werden Sie, vielleicht sogar anhand Ihrer Stimme, auf der Straße erkannt und angesprochen?
Nakata-sensei: In den letzten Jahren haben viele japanische Synchronsprecher angefangen, soziale Netzwerke zu nutzen. Ich auch. Daher wissen die Leute, wie ich aussehe. Was früher nicht so der Fall war. Doch heute gibt es Fotos und Berichte in Zeitschriften. Daher erkennen mich die Leute durch das Kombinationspaket: Stimme und Aussehen. Mit diesen Medien heutzutage hat es eindeutig zugenommen, dass mich die Leute auf der Straße erkennen und ansprechen.

animePRO: Hat sich seit Sie in der Synchronbranche angefangen haben in Japan etwas verändert? Falls ja, was genau? Finden Sie das gut oder eher nicht?
Nakata-sensei: Es hat sich in der Hinsicht etwas geändert, dass die Synchronsprecher jetzt wie Idols, also kleine Stars, behandelt werden und nicht mehr nur die Rollen sprechen, sondern außerhalb der Serien ebenfalls Events haben.
Außerdem wollen viele Musiker nun Animesongs singen, damit sie bekannter und berühmter werden. Das ganze Ansehen als Synchronsprecher ist in der sozialen Welt gestiegen. Das ist eine große Veränderung. Daher habe ich mehr Fans, was wiederum meine Nachfrage erhöht. Als Mitglied dieser Branche freue ich mich natürlich, dass sich das Ganze derart ausbreitet.
Viele ältere Synchronsprecher finden es dagegen schade, dass die Jüngeren lediglich den Weg zum Synchronsprecher einschlagen, weil sie berühmt oder Stars werden wollen. Diese Veteranen wünschen sich, dass ihre Nachfolger das Wichtigste nicht vergessen: Die Motivation, Synchronsprecher zu werden, liegt darin, einem Charakter seine Stimme zu leihen und zu schauspielern.
Ich verstehe es natürlich, wenn man einen Charakter oder eine Serie bekannter machen möchte, dass Promotion eine Notwendigkeit wird. Aber ich weiß nicht, ob es richtig ist, nur für die Promotion die Serie oder den Charakter zu vernachlässigen und allein die Sprecher in den Vordergrund zu stellen.

animePRO: Hier in Deutschland wird einzeln synchronisiert – also ein Charakter nach dem anderen. Wird in Japan noch immer „gemeinsam“ synchronisiert?
Nakata-sensei: Ja, das ist noch so. Bei strengen Tonregisseuren ist es manchmal sogar so, dass ein Sprecher, der vielleicht erst in der zweiten Hälfte der Folge dran ist, von Anfang an anwesend sein muss, um die Atmosphäre der Folge mitzuerleben.
Wenn ich jetzt Einzelaufnahmen und gemeinsame Aufnahmen vergleiche, denke ich, eine direkte Erwiderung bei gemeinsamen Aufnahmen auf zum Beispiel „Was soll das!?“, wirkt natürlicher, als wenn man sich diesen Satz in der Einzelaufnahme nur vorstellen kann.
Ab und zu schaltet sich auch dieser Gedanke ein: Wenn ich jetzt doch fertig bin, könnte ich eigentlich schon gehen und muss trotzdem warten, bis alle fertig sind. –lacht-
Dennoch finde ich es allgemein besser, gemeinsam zu synchronisieren.
In letzter Zeit gibt es allerdings einige Synchronsprecher-Stars, die durch ihre Beliebtheit einen so vollen Terminplan haben, die sprechen nur ihre Sätze und dürfen dann gehen oder sie bekommen sogar Einzelaufnahmen.

animePRO: Sind Sie selbst Fan von der Stimme eines Kollegen oder einer Kollegin? Möglicherweise haben Sie sogar ein direktes Vorbild?
Nakata-sensei: Ja, habe ich. Ich habe früher oft gedacht: Wow, der TV-Star ist toll oder das klingt klasse! Seit ich selbst mit meiner Stimme arbeite, höre ich bewusster hin und finde viele Stimmen sehr cool. Ich höre mir außerdem öfter die Werke von Kollegen an und bin sehr angetan von ihrer Arbeit.
Zum Beispiel mag ich die Schauspieler Ken Ogata, Ken Takakura, Kei Sato, Shin Kishida und die Stimmen der etwas älteren, unterstützenden Charaktere.
Im Fall Synchronsprecher höre ich natürlich bewusst auf Stimmen, die meiner Tonlage entsprechen und gleichen und mag zum Beispiel Masane Tsukayama, Isobe Tsutomu und Banjo Ginga.

animePRO: Als Profi: Haben Sie Tipps für Anfänger in Japan und in Deutschland was das Handwerk Synchronsprechen und Sprechen allgemein angeht?
Nakata-sensei: Wie eben schon erwähnt, finde ich es positiv, dass es für Synchronsprecher jetzt so viele Möglichkeiten gibt. Gleichzeitig würde ich mir wünschen, die jungen Leute wählen diesen Beruf, weil sie schauspielern wollen und mit Begeisterung beim Sprechen dabei sind und nicht nur, weil sie berühmt werden möchten. Außerdem sollte man den Charakter mit vollem Einsatz sprechen und ihm seine Liebe schenken, damit er von den Zuschauern ebenfalls gemocht wird.

animePRO: Wussten Sie, dass es auf der Connichi einen Synchronworkshop mit einer deutschen Kollegin gibt? Falls ja, haben Sie ihn aufgesucht?
Nakata-sensei: Ja, das habe ich mitbekommen. Leider hatte ich bislang noch keine Zeit, um vorbei zu schauen.

animePRO: Sie sind das erste Mal in Deutschland. Wie gefällt es Ihnen bisher? Speziell in Kassel?
Nakata-sensei: Ja, ich bin das erste Mal hier. Dafür habe ich schon viel von den Deutschen gehört und wie sie so ticken. Ich finde, Japaner und Deutsche sind sich doch sehr ähnlich. Beide sind zum Beispiel sehr enthusiastisch und höflich. Ich mag das.
Bisher habe ich leider noch nicht so viel von Deutschland gesehen. Ich bin nur von Düsseldorf nach Kassel gefahren. Gestern war ich im Bergpark Wilhelmshöhe von Kassel und war sehr begeistert. Auch, weil es hier so sicher ist. Mir gefällt zudem, dass noch viele, ältere Gebäude in der modernen Welt erhalten geblieben sind. Ich habe Kassel schon sehr lieb gewonnen. Und das Bier ist billig und lecker. –lacht-

animePRO: Haben Sie eine Lieblingsstadt oder einen Lieblingsort in Ihrem Heimatland oder anderswo?
Nakata-sensei: Ich sehe oft in Zeitschriften, die über Top Ten Städte berichten, in denen man sehr gut leben kann, die Stadt München. Und nach der Connichi fahre ich dorthin. Tokyo mag ich allerdings auch, weil es modern und voller Energie ist.

animePRO: Kennen Sie den Anime „Sore ga Seiyuu!“? Falls ja, stimmt es, was dort gezeigt wird?
Nakata-sensei: Ich synchronisiere dort mit. In Folge elf den Tonregisseur. –grinst-
Ich spreche ebenso oft mit der Autorin. Die Sachen, die dort drin gezeigt werden, entsprechen meistens der Realität.

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Fazit!

Wir bedanken uns bei Nakata-san und seiner Dolmetscherin für das ausführliche und interessante Interview und seine Zeit auf der Connichi. Es hat uns viel Freude bereitet und einen tollen Einblick in seine Arbeit verschafft. Es war ein wirklich schönes Erlebnis. Danke!
Wenn ihr mehr von Jouji Nakata lesen, sehen und hören wollt, folgt doch seinem Twitter-Account:
@ joujinakata123 .

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