Interview mit Ken Akamatsu

Geschrieben von Bettina
Bildcopyright: Ken Akamatsu / Kodansha / Kazé / animePRO

Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse beziehungsweise der Manga Comic Con 2016 stellte der Mangaka Ken Akamatsu, bekannt durch „Love Hina“ und „Magister Negi Magi“, seine neueste Mangaserie „UQ Holder“ endlich auch in Deutschland vor. Wir durften ihn persönlich treffen und ihm einige Fragen stellen, die er ausführlich und mit viel guter Laune beantwortete.

Inhalt

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animePRO: Bevor Sie ein berühmter Mangaka wurden, haben Sie Film studiert. Warum wollten Sie Film studieren und warum haben Sie es nicht beendet? 
Akamatsu-sensei: Ich habe es nicht studiert. Ich war in einem Filmclub an der Universität. Ich mochte die Filme von Robert Zemeckis sehr gerne und wollte Regisseur werden. Aber zu der damaligen Zeit war die Filmbranche in einer Krise und ich hätte keine guten Chancen gehabt. Daher habe ich damals beschlossen, diesen Weg nicht einzuschlagen. 

animePRO: Was bedeutet Ihr altes Alias „Awa Mizuno“?
Akamatsu-sensei: Da gibt es tatsächlich mehrere Bedeutungsebenen. „Mizuno“ kommt von Mizuno Ami aus Sailor Moon. „Awa“ heißt allerdings zudem „Blase“. Das Ganze bedeutet also ebenfalls „Wasserblase“. Eigentlich können die Worte zusammen „Es kommt nichts dabei raus“ bedeuten. Da sich dieses japanische Sprichwort aber erst nach und nach etabliert hat, habe ich es nicht mit dieser Bedeutung gewählt. Damals gab es das noch gar nicht. Da war ich einfach Fan von Mizuno Ami-chan.

animePRO: Haben Sie jemals gedacht, Ihr Manga “Love Hina” würde so populär werden, wie er jetzt ist?
Akamatsu-sensei: Ich bin viel im Internet unterwegs. Gerade in Chatrooms und andere Seiten. Früher habe ich viele E-Mails von meinen Fans bekommen. Eines Tages fiel mir dann auf „Oh, da sind ja welche aus Brasilien, Frankreich und Deutschland dabei.“ Erst da wurde mir klar, dass ich auch in anderen Ländern beliebt bin. Damit hatte ich nicht gerechnet, nein.

animePRO: Haben Sie Ihre fehlgeschlagene Aufnahmeprüfung für die Tokioter Universität wirklich für Ihren Charakter Keitaro Urushima aus “Love Hina” benutzt?
Akamatsu-sensei: Ja, das stimmt. Keitaro ist mir ziemlich ähnlich. Gerade darin, wie er bei den Mädchen nicht ankommt, dass er bei Prüfungen durchfliegt und nackten Mädchen in die Arme läuft. –lacht-

animePRO: Welchen Manga oder Anime mögen Sie am Liebsten und warum? 
Akamatsu-sensei: Was ich sehr bewundere, sind Manga-Werke wie die von Naoko Takeuchi und Yoshihiro Togashi. Im Animebereich mag ich „Neon Genesis Evangelion“. Vor allem die Produktionen, die Gainax zu Beginn von „Evangelion“ herausbrachte.

animePRO: Wie kamen Sie auf die Idee von “J-Comi”?
Akamatsu-sensei: Es gab damals immer mehr Seiten, auf denen man Manga gratis lesen konnte. Dabei ging der Profit daraus leider nicht komplett an die Zeichner, sondern oft an die Verlage oder anderweitig an Herausgeber. Das fand ich doof. Daher dachte ich, wir brauchen eine Seite, in der der Profit wirklich komplett an die Zeichner geht und brachte „J-Comi“ heraus. Natürlich spielten die sogenannten „Piratenseiten“ ebenfalls eine Rolle dabei. 

animePRO: Das “J-Comi” Projekt – oder jetzt “Manga-Bibliothek Z” – ist ziemlich gewachsen und hat viele neue Features. Können Sie uns verraten, was uns in der nahen Zukunft dort erwartet?
Akamatsu-sensei: Das würde ich gerne, kann ich aber nicht. Es wird gerade etwas wirklich Schönes dafür entwickelt. Das darf ich leider noch nicht verraten. Die Leser dürfen sich darauf freuen. 

animePRO: Wie kommen Sie auf die Ideen für Ihre Geschichten? Gibt es etwas, was Sie inspiriert? 
Akamatsu-sensei: Ich baue oft Dinge, die in anderen Genres erfolgreich waren, in meine Mangas ein. Bei „Love Hina“ zum Beispiel, habe ich die Idee der „Harem-Games“ mit einbezogen oder bei „Magister Negi Magi“ die Idee der Popgruppe AKB48 – unzählige Mädchen, bei denen man irgendwann nicht mehr weiß, wer wer ist.

animePRO: Sind Sie mit den Animeadaptionen Ihrer Geschichten zufrieden? 
Akamatsu-sensei: Bei „Love Hina“ habe ich selbst einen Charakterdesigner ausgewählt, den ich sehr mag. Daher mochte ich die Umsetzung. Meine Fans allerdings sagten teilweise, die Charaktere von Manga und Anime würden sich gar nicht ähnlich sehen. –lacht-
Bei „Magister Negi Magi“ gab es sehr viele Mädchen, die immer ins Bild mussten. Das war bei der Animeserie etwas schwierig umzusetzen. In Japan gab es bei den späteren Mangabänden eine DVD mit Kurzgeschichten zu einzelnen Charakteren dazu. Da war das Ganze leichter umzusetzen, da weniger Mädchen vorkamen. Bei diesen OVA war die Qualität wirklich super und ich finde, die Sprecherinnen haben ihren Job alle sehr gut gemacht. 

animePRO: Man hört oft, Mangaka haben viel Stress, wenn sie an einer Serie arbeiten und keine Freizeit. Laut dem Internet ist das bei Ihnen anders. Stimmt das? Falls ja, wie machen Sie das? Gibt es da einen Trick? 
Akamatsu-sensei: Zunächst einmal habe ich Assistenten, die jeden Tag zum Zeichnen kommen. Darüber hinaus spiele ich sehr gerne an Computern herum. Ich habe mir jetzt einen Minicomputer angeschafft, auf dem ich versuche, Windows XP zu installieren. Das dauert seine Zeit. Daher mache ich das neben dem Zeichnen. Die Vorfreude auf die fertige Installation lässt mich ruhiger arbeiten. Sie reduziert den Stress. Ich weiß nicht, ob das ein Trick ist. –lacht-

animePRO: Hören Sie bei der Arbeit Musik? Falls ja, was hören Sie?
Akamatsu-sensei: Ich höre gerne klassische Musik, zum Beispiel Bach. Vor allem, wenn ich alleine arbeite und meine Assistenten schlafen. Daher freue ich mich darüber, in Leipzig zu sein, da die Stadt ja viel mit Bach zu tun hat. Meine Assistenten hören dagegen lieber Radio.

animePRO: Stimmt es, dass Sie durch “Sailor Moon” in die Anime- und Manga-Welt gekommen sind? Was mögen Sie an der Geschichte? Schauen Sie außerdem „Sailor Moon Crystal“?
Akamatsu-sensei: Ja, das stimmt. Rei Hino in Sailor Moon Crystal wird von der gleichen Sprecherin, wie damals Negi gesprochen. Ich fand die ursprüngliche Stimme etwas passender. Sie hatte wohl leider keine Zeit. Am ursprünglichen Sailor Moon fand ich die verschiedenen Designs der Kostüme der Sailor Kriegerinnen toll. Das war damals etwas ganz anderes. 

animePRO: Haben Sie einen Mangaka, zu dem Sie aufschauen?
Akamatsu-sensei: Was das Zeichnerische angeht, waren es vom Stil und den Figuren her Izumi Matsumoto von „Kimagure Orange Road“ und Kazushi Hagiwara von „Bastard!!“. Was Hintergründe angeht, eher Kia Asamiya von „Silent Möbius“, da seine Hintergründe so realistisch sind. Das fand ich immer sehr toll. 

animePRO: Haben Sie etwas Freizeit zwischen Arbeit und Familie? Falls ja, was sind Ihre Hobbies?
Akamatsu-sensei: Ich sammle alte Computer und alte Spielkonsolen. Gerade kleine Computer finde ich sehr spannend. Auf meinem Twitter Account poste ich gerne Fotos dazu. Im Moment habe ich da diesen „Apple 2“, den ich mit „Rasperry Pie“ zum Laufen gebracht habe. Ich frage mich, ob es eine deutsche Version davon gab. 

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animePRO: Wie würden Sie Ihr neustes Werk beschreiben?
Akamatsu-sensei: Die Geschichte erzählt sich wie folgt: Evangeline, die zuerst Yuki-hime heißt, jedoch die gleiche Evangeline ist, wie in „Magister Negi Magi“ – nur größer – nimmt Touta, den Hauptcharakter, unter ihre Fittiche. Touta ist im Gegensatz zu Negi ein aufgeweckter Junge, der sich sofort in jeden Kampf stürzt und nicht viel nachdenkt. Toutas großer Traum ist es, etwas Außergewöhnliches zu vollbringen. Was genau, weiß er noch nicht. Aber er möchte einen Turm, der aus „Magister Negi Magi“ bekannt ist, besteigen. Damit ihm das gelingt, wird vermutlich Negi selbst noch einmal auftauchen. „UQ-Holder“ ist schon ein bisschen eine Fortsetzung von „Magister Negi Magi“. Es ist lustiger, wenn man die Reihe kennt. 

animePRO: Ist das Ihr erster Besuch in Deutschland? Was denken Sie darüber und wie gefällt es Ihnen?
Akamatsu-sensei: Ja, ich bin das erste Mal in Deutschland. Ich mag nicht, dass es so kalt ist. –lacht- Heute Morgen waren wir allerdings im Kaffeehaus „Coffe Baum“ essen und ich finde es sehr toll, dass es dort noch die Ecke gibt, in der Schuhmann und Mendelson saßen und diskutiert haben. Außerdem schmeckt mir das deutsche Essen sehr gut. Ich bin also gerne hier.

animePRO: Viele Ihrer Manga sind auf der ganzen Welt bekannt. Ein Grund dafür sind Ihre einzigartigen Charaktere. Gibt es einen Charakter in Ihren Werken, den Sie gerne mögen? 
Akamatsu-sensei: Mein Lieblingscharakter ist Evangeline. Daher taucht sie in meinem neuen Werk wieder auf. Ich mag sie sowohl in der kleinen, wie auch in der großen Version. In „Love Hina“ ist es Shinobu-chan, weil sie Keitaro so anhimmelt. Als Mann, der bei den Mädchen nicht so beliebt war, gefällt mir das. 

animePRO: Als bekannter Mangaka hatten Sie über die Jahre sicher schon viele Assistenten. Ist zwischen Ihnen und den Assistenten mal etwas Lustiges passiert? 
Akamatsu-sensei: Meine Assistenten sind alle große Otaku, also Anime- und Manga-Fans. Während unserer Arbeit wird gerne aus verschiedenen Anime und Manga zitiert. Insbesondere aus Anime und zwar aus „Gundam“. Es gibt eine Szene aus „Gundam Z“, in der der Charakter Sha daneben schießt und ein seltsames Geräusch macht, welches einer meiner Assistenten beim Zeichnen nachmachte. Eine neue Assistentin, die „Gundam“ nicht kannte, war verwirrt und dachte sich wohl nur „In was für einem komischen Studio bin ich denn hier gelandet?“. –lacht-
So etwas kommt bei uns öfter vor. Wir bewerfen uns immer mit verschiedenen Zitaten und wenn Leute dabei sind, die sich nicht auskennen, denken die sich nur „Wo bin ich hier nur gelandet?“.

animePRO: Gibt es ein Mangagenre, welches Sie gerne mal zeichnen würden und bisher noch nicht die Chance dazu hatten? 
Akamatsu-sensei: Bisher habe ich eher für eine jüngere Zielgruppe, also für Shonen-Magazine, gezeichnet. Ich würde irgendwann gerne mal komplizierter Sachen für ein älteres Publikum machen. 

animePRO: Was war Ihr größter Fehler während Ihrer Arbeit bisher?
Akamatsu-sensei: Zu Zeiten von „Love Hina“ habe ich mal eine Deadline falsch interpretiert und hatte für drei Seiten lediglich noch eine Stunde Zeit. Ich dachte, das würde schon irgendwie gehen, tat es aber nicht. So habe ich diese Seiten als Vorzeichnungen abgeben müssen, die dann so unfertig im Magazin gedruckt wurden. Für die Taschenbuchausgabe wurden diese Seiten natürlich noch mal ins Reine gezeichnet. Deswegen haben das die Fans im Ausland nicht mitbekommen. –lacht- Wenn es am Computer gezeichnet ist, fällt das nicht SO auf. Ist dann nur etwas gröber. 

animePRO: Sie zeichnen seit über zwanzig Jahren Manga. Würden Sie sagen, dass sich Ihre Zeichnungen entwickelt haben? Falls ja, in welche Richtung? 
Akamatsu-sensei: Bei „Love Hina“ und „Negima“ war es so, dass alle Figuren Schattenwürfe auf ihren Gesichtern hatten. Stets diese Screentones einzukleben, war sehr anstrengend. Bei „UQ Holder“ sind meine Zeichnungen nunmehr eher kontraststark, also vielmehr schwarz-weiß. Es gibt kaum noch Grautöne darin. Das war Absicht. Ich wollte mit dem Kontrast einen schönen echten Shonen-Manga erschaffen. Denn bei „Negima“ waren zum Beispiel die Hintergründe und Waffen nur noch CGI. Diesbezüglich habe ich meinen Stil also ein wenig geändert. 

animePRO: Die Mangaindustrie hat sich in den letzten zwanzig Jahren auf jeden Fall verändert. Was ist Ihre persönliche Meinung dazu? 
Akamatsu-sensei: Eine ganz große Entwicklung in diesem Bereich ist, wie schnell man Manga jetzt erschaffen kann. Quasi sofort. Denn einen Anime oder ein Spiel zu erschaffen, dauert immerzu so lange. Im Mangabereich kommt man einfacher mit seinen Geschichten hinein. Man kann seine eigenen Geschichten viel einfacher und schneller aufbauen als in anderen Gebieten. Das finde ich sehr schön. 

animePRO: Stimmen die Gerüchte, dass Sie nach „UQ Holder“ aufhören wollen? 
Akamatsu-sensei: Das ist so eine Geschichte… das Interview, in dem ich das erwähnte, erschien, bevor die erste Folge von „UQ Holder“ herauskam. Damals meinte ich: Wenn mein Projekt scheitert, dann höre ich wohl auf. Nachdem ich in Japan jetzt schon bei Band elf bin, hat sich das erledigt. –lacht-
Ich sagte das damals, weil es im Mangabereich sehr selten ist, mehr als zwei oder drei große Serienhits zu landen und „UQ Holder“ ist bereits mein Vierter. Ich dachte damals, es wäre dann vielleicht mal an der Zeit, aufzuhören. Aber dazu kam es jetzt ja nicht.

animePRO: Möchten Sie Ihren deutschen Fans noch etwas mitteilen?
Akamatsu-sensei: Ich beschwöre meine Fans von „Magister Negi Magi“, unbedingt an der Geschichte dran zu bleiben und weiter zu lesen, denn in „UQ Holder“ wird es dazu viel Fanservice geben, der die Fans der Geschichte erfreuen wird.

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Fazit!

Wir danken Akamatsu-sensei für das Interview, seine Geduld und die ausführlichen Antworten!
Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute! Wir würden uns freuen, ihn erneut in Deutschland begrüßen zu dürfen!

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